Grappa 05 - Grappa faengt Feuer by Wollenhaupt Gabriella

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer by Wollenhaupt Gabriella

Autor:Wollenhaupt, Gabriella [Wollenhaupt, Gabriella]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Grafit
veröffentlicht: 2013-11-17T05:00:00+00:00


Der Unterschied zwischen Eigentum und Besitz

Der Morgen war wunderschön. Ich hatte das Fenster meines Zimmers bereits in der Nacht geöffnet und lauschte jetzt den Geräuschen. Die Dorfhähne krähten um die Vorherrschaft am Acheron, ein Hund kläffte, viele andere taten es ihm nach, ein Moskito surrte um meinen Kopf und setzte sich auf meine Wange. Es hatte keinen Sinn, nach ihm zu schlagen, die Viecher waren meist schneller.

Einer der Hähne hatte den Wertstreit gewonnen und krähte solo. Es hörte sich triumphierend an. Ich dachte an die Zeit vor 3000 Jahren. Moskitos und domestizierte Hunde gab es zu dieser Zeit schon, beim eierlegenden Hausgeflügel war ich da nicht so sicher.

Ein Geräusch kam näher. Es ähnelte dem Summen eines bösen Insektes, doch es war nur ein knatterndes Mofa, aus dem der Schalldämpfer ausgebaut worden war. Eine moderne Geißel, dachte ich.

Ich hüpfte aus dem Bett und ging ins Bad. Die am Abend gewaschenen T-Shirts waren trocken, aus den weißen Söckchen waren die Flecken von roter Erde nicht ganz herausgegangen. Mit zwei Fingern zupfte ich die Grassamen aus der Baumwolle, die sich dort wie kleine Pfeile ins Gewebe gebohrt hatten.

Nach der Dusche packte ich den Koffer und begann mit den Fassadenarbeiten an meinem Gesicht. Überall Sommersprossen, die mit keinem Make-up mehr zu übertünchen waren. Deshalb ließ ich es ganz weg und puderte nur die Nase.

Dafür gab ich mir bei den Augen besondere Mühe. Lidschatten, Kajal-Stift und Wimperntusche. Ich kniff die Augen zusammen. Jeden Morgen ein paar kleine Fältchen mehr. Auch die Haut am Hals hatte bereits den einen oder anderen Jahresring. Dafür hatte ich keine Runen auf der Stirn oder um die Mundwinkel. Wer mich so nicht mag, ist selber schuld, tröstete ich mich.

Ich ließ den Spiegel allein, schlüpfte in Hose und Baumwollbluse und ging in den Frühstücksraum. Es war noch früh, außer mir hatte wohl noch niemand das Bett verlassen. Ein Trugschluss, wie ich bald feststellte.

»Was haben Sie mit der Apollon-Schale vor?« Ich saß am Frühstückstisch, und Unbill senior hatte sich ungefragt neben mich gesetzt.

»Wir kommen Sie darauf, dass ich die Schale habe?«, gab ich zurück.

»Ich brauchte eine Weile, um dahinter zu kommen«, erklärte er. Sein dickes weißes Haar stand vom Kopf ab, die hochgekämmten Augenbrauen wirkten lächerlich affektiert. »Als ich die Telefonzelle verließ, habe ich noch Ihren Schatten gesehen. Sie können zwar kein griechisch, doch Sie müssen trotzdem herausbekommen haben, was ich der Polizei erzählt habe. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe Sie unterschätzt, Frau Grappa. Das war ein Fehler, der mir nicht wieder passieren wird.«

Ich zuckte die Schultern. »Mir ist es egal, was Sie denken. Warum haben Sie die Schale gestohlen und in Kondis' Zimmer geschmuggelt? Warum hassen Sie ihn so?«

»Ich habe nichts in sein Zimmer geschmuggelt«, behauptete er. »Ich habe die Schale in seinem Zimmer gefunden. Und das gelang mir nur, weil er sie tatsächlich gestohlen hat. Genau wie die vielen Kunstgegenstände aus dem Museum, dessen Leiter er einmal gewesen ist.«

»Ich glaube Ihnen kein Wort!« Seine Dreistigkeit empörte mich.

»Das wundert mich nicht!«, lachte er auf. »Kondis hat es immer geschafft, die Menschen für sich einzunehmen.



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